Bei meiner ersten Fernreise war ich sechs. Mit meinen Eltern bin ich damals von Düsseldorf über Frankfurt und Paris nach Rio de Janeiro geflogen und von da weiter nach Ipatinga, einen kleinen Ort im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais, der für neun Monate unser Zuhause sein sollte. Trotz der vielen Jahre, die zwischen 1979 und heute liegen, ist die Erinnerung an die Zeit in Brasilien noch sehr lebendig.
Zum Beispiel an die wackeligen Flüge mit der 15-Personen-Maschine vom Aeroporto da Usiminas in Ipatinga nach Belo Horizonte, der nächstgrößeren Stadt, in der wir uns ab und zu in einer deutschen Bäckerei mit frisch gebackenem Schwarzbrot und Schweinsöhrchen versorgten. Ich kann mich auch noch an die Fahrten in unserem gelben VW Käfer erinnern, zum Markt, ins Freibad oder zu den Grillfesten auf irgendwelchen abgelegenen Haciendas, zu denen Kollegen meines Vaters uns häufig an den Wochenenden einluden. Und an die Osterferien an der Copacabana, an drei Meter hohe Wellen, die Seilbahnfahrt zum Cocovado, unsere Spaziergänge an der Avenida Atlântica, an Apfelkuchen mit Sahne auf der Dachterrasse eines Wolkenkratzerhotels in São Paulo, den Besuch im Schlangeninstitut, an den ich noch heute mit Horror denke.
Ich kann mich auch nach an den Vorschulkindergarten erinnern, den ich damals besucht habe. Ich bekam dafür einen rot-weiß-gestreiften Latzrock genäht, auf dem mein Name aufgestickt war. Mit den Mädchen aus der Nachbarschaft habe ich Gummitwist und Barbiepuppe gespielt. Eines der Mädchen habe ich sogar kürzlich über Twitter und Facebook wiedergefunden, sie lebt inzwischen mit einer fast erwachsenen Tochter in den USA.
Vielleicht wurde in diesem dreiviertel Jahr das Fundament für meine Reiselust gelegt, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich mir ein Leben ohne Reisen nicht vorstellen kann. Während des Studiums hat es mich eher Richtung Westen gezogen, nach Frankreich, Spanien, Portugal, England und in die USA. Irgendwann habe ich Asien für mich entdeckt. Seitdem lässt mich diese Ecke der Welt nicht mehr los.
Länder wie Thailand, Laos, Kambodscha, Vietnam und Malaysia konnte ich auf meiner Reiseliste bereits abhaken. Doch meine Liste der Fernwehziele ist noch lang. Ich war beispielsweise noch nie in Japan, in Myanmar oder in Tibet. Oder in Bhutan. In China kenne ich nur Hongkong, Beijing und Shanghai und Indonesien ist ein komplett weißer Fleck auf meiner Reisekarte. In Australien war ich bereits, aber was ist mit den Fidjis? Und Neuseeland? Es gibt noch so viel zu entdecken.