Im Ashram wurde nicht nur gebetet und gearbeitet, es wurde auch gefeiert. Gleich in meiner ersten Woche gab es eine große Sause: Krishnas Hochzeit. Wer jetzt denkt, dass wir dabei wie die Anhänger der gleichnamigen Sekte mit orangefarbenen Flattergewändern „Hare Krishna, Hare Krishna“ singend über den Dorfplatz von Neyyar Dam getänzelt sind und wilde Orgien gefeiert haben, nein, es war alles ganz harmlos!

krishna

Wobei Krishna das sicherlich gefallen hätte. Der blauhäutige Hirtenjunge, der später König wurde, war ein ziemlicher Schürzenjäger. Wenn er beim Kühe hüten auf seiner Flöte ein Liedchen spielte, verliebten sich auf der Stelle sämtliche Gopis, das sind die Hirtenmädchen, in ihn. Er fand das toll. Flirtete und schäkerte mit ihnen. Versteckte den im Fluss badenden Gopis auch schon mal die Kleider. Angeblich hat er über 16.000 Frauen gehabt. Und unzählige Söhne. Ein indischer Casanova!

Krishna – ein indischer Casanova

Eine seiner Angebeteten war die schöne Rukmini. Der Haken: Sie war schon mit einem anderen verlobt, den hatten ihr aber ihre Eltern aufgeschwatzt. Rukmini bat Krishna, sie zu entführen und die beiden brannten durch. Nach Dvaraka, wo sie endlich heiraten konnten. Die Bewohner von Dvarka waren total happy und organsierten ein Fest der Superlative für die beiden. Es wurden Elefanten in die Stadt gebracht. Die Häuser wurden geschmückt. Das Brautpaar bekam viele Geschenke.

In Erinnerung an Krishna und Rukmini wurde auch im Sivananda-Ashram gebührend gefeiert. Eine ganze Woche lang. Jeden Morgen gab es in der Rama Hall eine Zeremonie. Für die Stimmung sorgte eine „Band“ mit Tabla- und Zimbel-Spielern aus der Umgebung. Der MC war ein Sadhu aus Neyyar Dam, der in einem Häuschen in der Nähe des Stausees lebte. Der Sadhu war unter anderem für den Höhepunkt der Hochzeitswoche zuständig, das Feuergebet am See.

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So zog die Yogi-Karawane durch das kleine Wäldchen hinunter zum Stausee, wo der Sadhu die Butterlampe um die die beiden Statuen, die Krishna und Rukmini symbolisieren sollten, schwenkte, dabei Heiliges auf Sanskrit murmelte, das ich nicht verstand, und die beiden schließlich ins Wasser tauchte. Das war das Zeichen für uns. Rein in die Fluten. Es ging jedoch das Gerücht rum, auf der Dschungelseite des Sees gäbe es Krokodile, daher ließ ich das Baden lieber ausfallen. Es kamen zwar alle wieder heil raus, aber man weiß ja nie …

Rituelles Bad

Geburtstagstorte für den Sadhu

Zum krönenden Abschluss der Hochzeitswoche gab es noch die „Geschenkezeremonie“. Der Brauch besagt, wenn man anlässlich der Festlichkeiten ein Geschenk für Krishna und Rukmini auf den Altar legt, werden für einen selbst auch in Bälde die Hochzeitsglocken läuten. So legten vor allem die ledigen Ashram-Bewohnerinnen ihre Gaben auf den Altar. Favoriten waren Handtücher und T-Shirts. Gebraucht. Uups, das war wohl ein Missverständnis. Natraj, der Ashram-Direktor, bat darum, die Spender möchten doch bitte die gebrauchten Sachen wieder abholen. Ja, so kann das mit dem Ehegatten doch nix werden! Wie gut, dass es die Ashram-Boutique gab und man sich dort mit frischen T-Shirts, Malas oder sonstigen hochzeitsgeschenkgeeigneten Produkten eindecken konnte. Tatsächlich hat in der Zwischenzeit mindestens eine Mit-Yogini geheiratet und eine andere ist mittlerweile verlobt. Vielleicht haben sie Krishna und Rukmini was Hübsches geschenkt? Wer weiß …

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Anstoßen mit Kräutertee – wer braucht schon Schampus?

Apropos Feste feiern: Dann war da noch mein Geburtstag. Der fiel zufälligerweise in diese Festwoche. Als wir uns morgens in der Rama Hall versammelten, stand dort eine riesige Torte. Eine Geburtstagstorte! Die hatte der Küchenchef jedoch nicht zu meinen Ehren gebacken, schade. Wir erfuhren, dass es an diesem Tag noch ein anderes Geburtstagskind gab. Der Sadhu wurde 70. Aber die Torte war riesig und jeder bekam ein kleines Stück süßen indischen Kuchen mit Creme und Zuckerguss. Den aß ich dann auch ohne schlechtes Gewissen. Dem Vorsatz, auf meiner Reise auf Schoki & Co zu verzichten, hatte ich seit meiner Abreise aus Deutschland damit sage und schreibe fünf Tage standgehalten. Aber egal, wenn ich meinen Geburtstag schon in einem Ashram verbrachte, dann wenigstens mit Kuchen!

Abends bekam ich dann auch noch meine kleine Party. In der Health Hut. Seitdem weiß ich: Prosecco und sonstiges Blubberwasser wird völlig überbewertet. Anstoßen mit Kräutertee geht genauso.

Und hier noch ein kleiner Ausblick auf die nächsten „Stories from India“. Nächstes Mal nehme ich Euch mit auf den Schweigemarsch zum heiligen Berg in den keralischen Dschungel, dann gehen wir mit dem Sivananda-Ausflugsbus auf Tour und müssen dann nach so viel Spiritualität und Esoterik erst mal zur Rehab nach Varkala, dem Goa von Kerala. Stay tuned 🙂

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